
Vermehrt hört man diesen Begriff seit der Corona-Pandemie, was für die gesamte Welt eine enorme Lebensveränderung dargestellt hat.
Auf einmal ist man zu Hause “eingesperrt”, darf nur noch unter bestimmten Voraussetzungen die Wohnung verlassen, Geschäfte und Unterhaltungslocations sind zum Großteil geschlossen, Freunde und Familie darf man – wenn überhaupt – nur noch in einem sehr beschränkten Maße sehen und manche durften nicht mal mehr arbeiten bzw. die Kinder nicht in den Kindergarten oder die Schule bringen.
Viele dachten wohl, dass das nur eine kurzfristige Phase ist, die schnell wieder vorbeigeht. Leider falsch gedacht, wie wir alle am eigenen Leib erfahren mussten.
Die Summe dieser Situationen hat einen jeden von uns vor enorme Herausforderungen gestellt. Man musste sich komplett neu organisieren, war vermutlich so viel zu Hause wie im ganzen vorherigen Leben nicht, was ein enormes Konfliktpotenzial birgt und für viele das Schlimmste: Man musste sich zwangsläufig irgendwann mit sich selbst beschäftigen.
Durch permanentes on Tour sein, kann man sich prima von allen Problemen, negativen Emotionen und Gedanken ablenken. Bei vielen kommt auch die Angst dazu, etwas zu verpassen. Erst in der Isolation kommen dann Gedanken zu diversen Themen auf, weil man ja eh nichts zu tun hat. Einem fällt die Decke auf den Kopf und man fängt an zu grübeln. Grübeln über sein bisheriges Leben, die Kontakte, den Job, die Familie, die Zukunft usw. usw. usw.
Bei psychischen Erkrankungen ist diese Grübelspirale weit verbreitet. Daher kommt nämlich auch der Begriff der Achtsamkeit: Aus der Psychotherapie.
Die Welt wird immer schnelllebiger, Anforderungen auf sämtlichen Gebieten steigen und es wird von einem jeden immer mehr und immer mehr verlangt. Dem standzuhalten kann enorm schwierig sein und jeder Mensch ist in dieser Beziehung anders belastbar.
Aber genau in solchen Situationen kann die Achtsamkeit helfen. Der eigentliche Ursprung ist wohl auf den Buddhismus zurück zu führen. In sehr vielen Büchern wird die Achtsamkeit thematisiert und hilfreiche Tipps dazu gegeben. Zudem muss man sich ja auch nur mal buddhistische Mönche anschauen…Diese ruhige Ausstrahlung und tiefe Gelassenheit ist sehr beruhigend und faszinierend.
Ein sehr schönes Zitat, welches die Achtsamkeit auch gut erklärt, ist folgendes:
Ein Schüler fragte einmal seinen Meister, warum dieser immer so ruhig und gelassen sein kann.
Der Meister antwortete:
“Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich esse, dann esse ich.”
Der Schüler fiel dem Meister ins Wort und sagte:
“Aber das tue ich auch! Was machst Du darüber hinaus?”
Der Meister blieb ganz ruhig und wiederholte wie zuvor:
“Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich…”
Wieder sagte der Schüler: “Aber das tue ich doch auch!”
“Nein”, sagte da der Meister. “Wenn Du sitzt,
dann stehst Du schon.
Wenn Du stehst, dann gehst Du schon.
Wenn Du gehst, dann bist Du schon am Ziel.”
Aus dem Zen-Buddhismus
Aus <https://fuehrung-erfahren.de/2017/08/fokus-oder-die-vergessene-kunst-nein-zu-sagen/>
Was will uns dieses Zitat nun sagen?
Dadurch, dass alles immer schnelllebiger wird, nimmt man sich einfach keine Zeit mehr für irgendwas.
Können Sie sich konkret, ohne großes Nachdenken, an Ihr letztes Mittagessen erinnern? Konnten Sie es genießen? Oder war es, wie so oft, ein schnelles in sich reinschaufeln, weil man dann ja gleich wieder dies und das und jenes machen muss? Waren Ihre Gedanken in dem Moment wirklich beim Essen?
Vermutlich geht es Ihnen hier wie dem Großteil: Nein! Es war eine Notwendigkeit, damit man bei Kräften bleibt. Gedanklich war man aber bereits bei den nächsten Dingen, die danach zu erledigen sind.
Genau darauf zielt die Achtsamkeit ab: Im Hier und Jetzt leben.
Klingt an sich ganz einfach, oder? Ich lebe doch im Hier und Jetzt, wo sollte ich denn sonst leben?
Aber nein, es geht um die Gedanken. Wenn Sie essen, essen Sie dann wirklich? Oder stehen Sie quasi schon während des Essens gedanklich wieder auf und hetzen weiter? Ich glaube, ich kann mir Ihre Antwort denken.
Das Positive daran ist aber, dass man Achtsamkeit lernen kann. Man kann lernen, seine Gedanken zu lenken. In der Meditation heißt es oft, man denke gar nichts. Das ist an sich aber gar nicht möglich, weil unser Gehirn dafür nicht konditioniert ist. Die Kunst besteht darin, die Gedanken zuzulassen, aber nicht an ihnen festzuhalten. Sie können sich vorstellen, dass Sie bei der Meditation einfach alle Gedanken wie Wolken an sich vorbeiziehen lassen und so eine unwahrscheinliche innere Ruhe erreichen.
Einfach ist das Ganze leider wirklich nicht. Hier heißt es, wie bei so vielen Dingen: Üben, üben, üben…!
Der Großteil der Menschheit neigt natürlich auch dazu, lieber zu betäuben, als sich mit sich selbst zu beschäftigen. Sei es mit relativ simplen Sachen, z.B. dass permanent der Fernseher läuft und eine Hintergrundberieselung vorhanden ist. Schlimmer wird es jedoch mit dem Glücksspiel und jeder anderen Sucht, Alkohol oder gar härteren Drogen. Für den Moment fühlt man sich dann natürlich besser (ja, das kenne ich selbst auch mehr als gut), aber dauerhaft ziehen einen jegliche Betäubungsmethoden und -substanzen nur noch weiter in die Grübelspirale oder schlimmer noch, in die sogenannte innere Leere.
Grundsätzlich sieht man die gesamte Welt nur noch als absolut beschissen an. Nichts bereitet einem mehr Freude, man will nichts mehr fühlen, deshalb ist das einzige Ziel nur die nächste Betäubung. Durch Achtsamkeit lernen Sie aber, wie schön die Welt eigentlich tatsächlich sein kann.
Beispielsweise stehen Sie morgens auf, gehen kurz raus, genießen die ersten warmen Sonnenstrahlen auf Ihrer Haut. Sie beobachten die Vögel, die langsam auch wach werden. Eventuell turnt an einem Baum sogar ein Eichhörnchen rum oder ein kleiner Igel läuft über die Straße. Auf Blütenblättern hängt noch der Morgentau, aber sobald die Sonne mehr Kraft gewinnt, öffnen sich die Blüten und erstrahlen in einer grandiosen Schönheit. Dies sind nur ganz wenige Beispiele dafür, wie wunderschön die Welt eigentlich sein kann, man muss sie nur wahrnehmen.
Ganz genauso können auch Sie wieder erblühen. Gehen Sie achtsam durch Ihr Leben, schalten Sie einen Gang zurück, nehmen Sie sich Zeit für sich selbst und besondere Momente. Sie werden relativ schnell merken, wie hilfreich diese Methode tatsächlich sein kann.
In einem weiteren Artikel erzähle ich Ihnen gerne mehr über die verschiedensten Möglichkeiten der Achtsamkeit und auch die permanente Betäubung, welche zwangsläufig irgendwann zur Grübelspirale, inneren Leere – kurz gesagt – Depression führt.
Über den Autor

Andrea Tomitzek wurde 1989 in Gräfelfing bei München geboren. Seit ihrer Kindheit leidet sie an Depressionen.
Durch verschiedenste Ausbildungen im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung kann sie mit dieser Diagnose mittlerweile sehr gut leben. Aktivitäten wie Volleyball und Kampfsport helfen ihr dabei im Gleichgewicht zu bleiben.
Im Juni 2022 hat sie daher ihren Job als Steuerberaterin gekündigt, um sich seitdem vollständig der Hilfe anderer Menschen und deren Entwicklung zu widmen.
Durch ihre eigenen Erfahrungen unterstützt sie das Team von fastverspielt mit ihrer Expertise aus der Depression, der Bewältigung und der Kompensation mit Suchtmitteln sowie Selbstverletzung.